Der Song "Immerno" von Etno & Liba ist mehr als nur ein Track – er ist ein Einblick in eine Welt, die für viele unsichtbar bleibt. Mit schonungslosen Zeilen, einer eindringlichen Hook und einem melancholischen Beat erzählen die beiden Rapper eine Geschichte, die geprägt ist von Kampfgeist, Hoffnung und dem Versuch, sich aus schwierigen Verhältnissen zu befreien.
In der Hook von Etno wird klar, worum es geht: das Feststecken in einem Kreislauf von Armut, Polizeikontrollen und gesellschaftlicher Stigmatisierung. Der Text drückt das Dilemma aus, einerseits wegkommen zu wollen, andererseits aber in der eigenen Umgebung gefangen zu bleiben:
"Seg mer no wie sölli wiitercho?
Wenn mich immerno Police verfolgt.
Ich wött weg, doch trotzdem bliebts eso.
Mir sind immerno da une im Loch."
Mit einer intensiven, melancholischen Stimme beschreibt Etno die Realität vieler Jugendlicher in sozialschwachen Vierteln. Die Frage "Wie soll ich weitermachen?" zieht sich wie ein roter Faden durch den Song und spiegelt die Gefühle von Ohnmacht und Frustration wider.
Der Track entstand im Rahmen des Albumprojekts von Etno. Der junge Rapper aus Interlaken reiste dafür nach Winterthur, um Liba zu treffen. Dieses Zusammentreffen war nicht nur geografisch, sondern auch inhaltlich eine Brücke zwischen zwei Welten, die durch ähnliche Erfahrungen verbunden sind.
Etno sieht seine Musik als ein Werkzeug, um auf die Probleme der "Unterdrückten" aufmerksam zu machen. "Ich möchte die Stimme der Unterdrückten werden," erklärt er in einem Interview mit Lyrics. Diese Ambition ist spürbar in jeder Zeile, die er rappt. Seine Songs sind keine glattpolierten Hits, sondern rohe, ehrliche Erzählungen.
"Immerno" zeigt, dass Etno trotz widriger Umstände die Hoffnung nicht aufgibt. Er behält sein Ziel im Auge und geht volles Risiko, wie er in der Hook betont:
"Doch han immerno mis Ziel vor Aug.
Setz uf Alles, volles Risiko."
Auch Liba bringt seinen eigenen Stil und seine Perspektive in den Song ein. Seine Verse sind ebenso stark von der Realität geprägt, mit einer Mischung aus Härte und verletzlicher Ehrlichkeit:
"Inshallah kheir, well es git kei Garantie,
ana Askari (Soldat), leer mis Magazin,
gah ufs Ganze mini Sorge mached mich zum Harami (Räuber),
tanze bis zum Morge als wär ich Ashkali."
Liba spricht von Sorgen, die ihn zu einem "Harami" (Räuber) machen – eine Metapher für das Überleben in einer Umgebung, in der oft nur wenige Optionen bleiben. Gleichzeitig vermittelt er mit der Zeile "Inshallah kheir" (So Gott will, wird es gut) einen Hauch von Hoffnung und Glauben.
"Immerno" ist kein Track, den man einfach so nebenbei hört. Es ist ein Song, der reflektiert, wachrüttelt und berührt. Die Mischung aus Etnos introspektiver Hook und Libas kraftvollen, fast schon rebellischen Versen schafft ein komplexes Bild der Realität in der Hood.
Für Fans von authentischem Strassenrap ist "Immerno" ein absolutes Muss. Aber auch für alle, die die Kunstform Rap nutzen möchten, um die Geschichten derjenigen zu verstehen, deren Stimmen oft ungehört bleiben, ist dieser Song eine Empfehlung.
Mit "Immerno" haben Etno und Liba ein musikalisches Denkmal geschaffen – für sich selbst, für ihre Communities und für alle, die Tag für Tag kämpfen müssen, um ihre Träume zu verwirklichen.